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Palabra del Ejército Zapatista de Liberación Nacional

Sep182024

Ein Marathon in den Bergen des Südosten Mexikos.

Ein Marathon in den Bergen des Südosten Mexikos.

September 2024.

Vor einigen Wochen hielten die zapatistischen Jugendlichen Versammlungen ab, um zu sehen, wie sie das Thema des Gemeinschaftlichen unter sich und mit den jugendlichen Parteianhänger*innen vorantreiben können.

Sie hatten dort die Idee eines Marathonlaufes (von 23 Kilometern) über Schotterwege mit ausgeprägter Steigung und Gefälle (»Hügel«, wie wir hier dazu sagen).

In ihrem Plan ging es darum, dass es keine Gewinner-Preise für den persönlichen Nutzen geben solle. Im Gegenteil, Ziel war es, der Preis bilde eine produktive Grundlage, um so als erstes mit den Kollektiven ihrer Dörfer zu beginnen. Von dort aus könnten als nächsten Schritt Projekte des  Gemeinschaftlichen geschaffen werden, worin die jugendlichen Parteianhänger*innen mit einbezogen sind.

Als Preise wurden somit junge Pelibuey-Schafe für die Zucht und andere Nutztiere gesetzt. Wenn auch die Paare der Pelibuey-Schafe für die ersten Plätze sein sollten, so erhielten doch alle* anderen Teilnehmenden einen Geldbetrag, um Hühner zu kaufen und damit ihre Projekte für kollektive Farmen anzufangen. Die GAL (die Lokale Autonome Regierung) jeden Dorfes wird dafür sorgen, dass die Vereinbarung, die Selbstverpflichtung, erfüllt wird und wird Berichte verlangen.

Das war, was sie mir erklärt haben zu tun – und sie haben es getan (nun, sie sind Zapatistas).

Sie wählten den 16. September als Datum, um derart den Beginn des Unabhängigkeitskrieges zu feiern, wie auch den Platz innerhalb dieses Prozesses, den die Pueblos originarios innehatten und innehaben – während der gesamten Geschichte der Geographie, die »Mexiko« genannt wird.

Wie mir die Tercios Compas der Zone erzählten (Anmerkung: Die »Tercios Compas« sind Gruppen zapatistischer Jugendlicher, die Medienarbeit machen: Videos aufnehmen, editieren, Tonaufnahmen für Radio- und Soundprogramme machen, bis hin zu: über alles zu informieren, was in ihren Dörfern, Regionen, Zonen geschieht), begann der Marathonlauf um 3 Uhr morgens mexikanischer Zeit (4 Uhr morgens, gemäß zapatistischer südöstlicher Zeitmessung). Von zwei Startpunkten aus sollten die Läufer*innen im Puy (oder: »Caracol«) von Dolores Hidalgo zusammenkommen. Es würde die Kategorien geben: »jovenas« und jovenes, heißt: [junge] Frauen und [junge] Männer.

Obwohl es keine Altersbegrenzung gab, schrieben sich etwa 200 zapatistische jovenes und »jovenas« ein. Ihr Altersdurchschnitt lag unter 20 Jahren, die Mehrheit waren Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren.

Die Jugendgruppen, welche nicht als Läufer*innen am Marathon teilnahmen, organisierten sich auf die Weise, dass einige beim Start mit Parolen anfeuern sollten, andere bei bei Ankunft [auf der Zielgeraden]; andere sollten auf LKWs während der Strecke Zuspruch geben, falls eine*r abfiel, mit Musik und Worten vom Gemeinschaftlichen, auch bei ihrer Fahrt durch die Dörfer; wieder andere sich um die Gesprächsrunden über die Unabhängigkeit, die Preis-Übergabe an die Teilnehmenden, sowie den Abschluss-Tanz kümmern. 

Die ersten des Marathonlaufes kamen nach 3 Stunden an, die Mehrheit jedoch befand sich noch auf der Hälfte oder dem Drittel der Strecke. Es wurde sich unter denen, die Koordinator*innen waren, beraten, ob sie die noch Fehlenden aufsammeln und auf den LKWs [ins Caracol] transportieren sollten. Es wurde vereinbart, diejenigen, die noch unterwegs waren, zu fragen.

Wie mir erzählt wurde, wiesen die Compañeras, denen angeboten wurde, auf den Lkw zu steigen, dies mit mehr oder weniger folgenden Worten zurück: »Auf keinen Fall. Natürlich werden wir dort ankommen, wo es anzukommen gilt; es wird noch bisschen dauern, aber wir werden ankommen, wenn auch auf allen Vieren.« Als die jungen Männer von ihrer Antwort erfuhren, mussten sie sich ebenfalls weigern, »gerettet« zu werden.

Und letztendlich: Alle* kamen an. In der Nacht haben sie getanzt. Und so vergingen die Festlichkeiten des 16. Septembers … in den Bergen des Südosten Mexikos.

Beglaubigt.

Der Capitán.

Mexiko, September 2024.

PS. Die Moral [der Geschichte] – angesichts des Sturms: Es gab junge Männer und Compañeras, die Schritt und Rhythmus hielten, und diese Herausforderung auf den ersten Plätzen abschlossen. Die anderen erklärten:  »Das war, weil jene sich rechtzeitig vorbereitet haben; denn sie wussten bereits, was auf sie zukommt.«

PS. Klatschbaserei des Gender-Eigentors: Der zapatistische Sonderberichterstatter am Ort des Geschehens hat mir erzählt: »Die jungen Männer kamen ins Ziel und brachen dort erschöpft zusammen. Mit Wadenkrämpfen, Staub bedeckt und auf dem Boden des Caracol liegend, hörten sie lediglich [anfeuernde] Parolen und Spötteleien. Einer der Läufer gestand: ›Uff, Compa, als ob ich ans Tanzen denken könnte, mir tut alles weh, bis oben hin.‹ Die Compañeras jedoch tranken lediglich Wasser und fragten, wann der Tanz sei. Während eine Gruppe von jungen Frauen lachte und unter sich darüber scherzte, wie sie den Lauf beendet hatten, meinte eine von ihnen: ›Wir haben nach der Uhrzeit der Tanzerei gefragt, um zu sehen, ob wir es noch schaffen, uns zu duschen, oder ob wir tanzen, so wie wir sowieso sind: von der Farbe der Erde.‹« Alle lachten fröhlich. Sie hatten 23 Kilometer einer undankbaren Strecke hinter sich, mit Anstiegen, bei denen auch Autos sich herumquälen.

Mmm, ich glaube, ich werde das hier nicht einfügen, denn das würde bedeuten anzuerkennen, dass die Compañeras mehr Widerstand(skraft) besitzen als die Compañeros – und dies verbietet mir die Geschlechtersolidarität. Also löscht diesen Teil.

PS. Bei Klatsch und Tratsch: Und wie besehen waren es zur Stunde des Tanzbeginns lediglich die jovenas, die jungen Frauen, die zum Rhythmus der Cumbia den Staub aufwirbelten. Erst nach einer guten Weile und in einer Haltung, die sich wohl »Geschlechter-Stolz« nennt, beteiligten sich auch die jungen Männer. Hinkend und mit schmerzerfülltem Gesichtsausdruck, jedoch ohne die Zierde und Haltung zu verlieren, meinten sie: »Uns geht es gut; dies ist nur ein neuer Tanzstil, den wir gerade erfunden haben und er nennt sich: ›Cumbia vom Dies geschieht dir, weil du dich auf das, was kommt, nicht vorbereitet hast‹.«

-*-

Echos eines weit entfernten Tanzes und einer Klaviatur wetteifern mit den ungehörigen Grillen. Ein Funken und der Geruch von Tabak zeichnen leicht eine Gestalt an der Schwelle der Champa-Hütte nach. Die Nacht ist bereits Königin und Herrin in den Bergen des Südosten Mexikos. Mit ihrem Schürzrock aus Sternen und einem Medaillon aus schwindendem Mond auf der Brust bewegt die Morgendämmerung ihre Hüften im Rhythmus der »Cumbia vom Gemeinschaftlichen«.

Erneut beglaubigt.

Der Capitán.

 

Bilder und Videos: aufgenommen von den Tercios Compas.

Audio: »En la Noche»: Amparanoia und Manu Chao.

 

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