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Palabra del Ejército Zapatista de Liberación Nacional

Nov222023

Zwölfter Teil: Fragmente. Fragmente eines Briefes des Subcomandante Insurgente Moisés, verschickt vor ein paar Monaten an eine weit entfernte, im Denken jedoch nahe Geographie

Zwölfter Teil: Fragmente.
Fragmente eines Briefes des Subcomandante Insurgente Moisés, verschickt vor ein paar Monaten an eine weit entfernte, im Denken jedoch nahe Geographie:

»Comisión Sexta Zapatista.
Mexiko.

April 2023.

(…)  Denn es wäre so, als ob wir den Sturm nicht sehen würden – angesichts des schrecklichen Unwetters, das bereits alle Winkel des Planeten trifft, einschließlich derer, die sich vor all dem Schlimmen so  sicher glaubten.

Ich möchte sagen: Nicht nur sehen wir den Sturm, und die Zerstörung, den Tod und Schmerz, den er mit sich mitbringt. Wir sehen auch, was daraus folgt. Wir möchten das Saatkorn eines kommenden Wurzelwerks sein, welches wir nicht sehen werden – und das später wiederum die Grasdecke sein wird, welche wir ebenso nicht sehen werden.

Der zapatistische Aufruf, falls eine*r uns drängt, es kurz und knapp zu knapp zu definieren, lautet somit: »gutes Saatkorn zu sein«.

Wir haben nicht vor, an die nächsten Generationen eine Weltanschauung weiterzugeben. Ihnen unsere Elendigkeiten, unseren Groll, unsere Schmerzen und Widerwillen, unsere Vorlieben weiterzugeben. Auch sollen sie nicht ein Spiegel mit dem ungefähren Bild von dem sein, was wir für gut oder schlecht halten.

Was wir wollen, ist Leben weitergeben. Was damit andere Generationen machen werden, ist ihre Entscheidung, und vor allem, ihre Verantwortlichkeit. So wie wir Leben von unseren Vorfahren erhalten haben: Wir nahmen, was wir als wertvoll ansahen und stellten uns einer Aufgabe. Ja, und klar, wir machen uns der Entscheidung, die wir trafen, verantwortlich – dem, was wir tun, um diese Aufgabe zu erfüllen und der Konsequenzen unseres Handelns und unserer Unterlassungen.

Wenn wir sagen: Es ist nicht notwendig, die Welt zu erobern, es reicht, sie neu zu machen – entfernen wir uns endgültig und unvermeidbar von den jetzigen oder früher gültigen politischen Konzeptionen. Die Welt, die wir sehen, ist nicht perfekt, auch nicht annähernd. Jedoch ist sie besser, zweifellos. Eine Welt, wo jede*r ist, die*der sie*er ist – ohne Beschämung und ohne verfolgt, verstümmelt, eingesperrt, ermordet, ausgegrenzt oder unterdrückt zu werden.

Wie nennt sich diese Welt? Welches System trägt sie oder ist das führende? Nun gut, das werden jene entscheiden oder auch nicht entscheiden, die in ihr leben werden.

Eine Welt, in welche das Eifern nach Hegemonisieren und Homogenisieren lernen muss aus dem, was gegenwärtig und zu anderen Zeiten damit erzeugt wurde – und in dieser Welt, die kommen wird, damit scheitert.

Eine Welt, in der die Menschheit nicht definiert wird durch Gleichheit, Gleichsein (was ja nur die Ausgrenzung, den Ausschluss derjenigen verbirgt, die »nicht-gleich« sind) sondern durch die Differenz, das Unterschiedlichsein.

Eine Welt, wo Unterschiedlichkeit, Differenz nicht verfolgt sondern gefeiert wird. Eine Welt, in der die erzählten Geschichten nicht die derjenigen sind, die gewinnen – weil keine*r gewinnt.

Eine Welt, in der die Geschichten, die erzählt werden – sei es unter Vertrauten, in den Künsten oder Kultur(en) – wie die Geschichten sein werden, die uns unsere Großväter und Großmütter erzählten – Geschichten, welche nicht aufzeigen, lehren, wer gewonnen hat – weil keiner hat gewonnen und folglich hat auch keiner verloren.

Diese Geschichten, die uns erlaubten, schreckliche und wundervolle Dinge zu imaginieren und innerhalb derer wir – zwischen Regen und dem Geruch von köchelndem Mais, Kaffee und Tabak – dahin kamen, uns eine Welt vorzustellen: ja, unvollständig, ja, auch unbeholfen – jedoch eine viel bessere als wir – unsere Vorfahren und Zeitgenoss*innen – erlitten haben  und weiterhin erleiden

Wir haben nicht vor, Gesetze, Handbücher, Kosmovisionen, Katechismen, Regeln, Routen, Zweckbestimmungen, Schritte, Begleitungen weiterzuvererben – denn danach streben, wenn genau hingesehen wird, fast alle politischen Vorschläge.

Unser Streben ist schlichter und furchtbarerweise [auch] schwieriger: Leben weitergeben.

(…)

Wir sehen jedoch, dass dieser Sturm, dessen erste starke Böen und heftiger Regen bereits den gesamten Planeten geißeln, sehr schnell und sehr mächtig herankommt. Somit sehen wir nicht [nur] das Unmittelbare – oder doch, jedoch entsprechend dem, was wir auf weite Sicht erkennen.

Unsere unmittelbare Realität ist bestimmt und entspricht zwei Realitäten: eine Wirklichkeit des Todes und der Zerstörung, welche das Schlechteste des menschlichen Wesens zum Vorschein bringen wird, ohne dass seine soziale Klasse, Hautfarbe, Ethnie, Kultur, Geographie, Sprache, Körpergröße eine Rolle spielen. Und eine weitere Wirklichkeit: auf den Trümmern eines Systems – das tat, was es am besten kann, nämlich zerstören – erneut zu beginnen.

Warum sagen wir, dass dem Alptraum, der schon da ist und sich nur noch verschlimmern wird, ein Erwachen, ein Aufbruch folgen wird? Nun, weil es welche gibt, die so wie wir, hartnäckig darauf bestehen und sich einsetzen, diese Möglichkeit zu erkennen. Eine minimale, ja, das stimmt. Jedoch alle Tage und zu jeder Stunde, überall, kämpfen wir, dass diese kleinste Möglichkeit anwächst – wenn auch klein und ohne [großen] Umfang – wie ein winziges Saatkorn heranwächst und eines Tages der Baum des Lebens sein wird – der Baum des Lebens aller Farben – oder er wird nicht sein.

Wir sind nicht die einzigen. In diesen 30 Jahren haben wir viele Welten gesehen. Verschieden in Art und Weisen, Zeiten, Geographien, eigenen Geschichten, Kalendern. Jedoch gleich lediglich im hartnäckigen Streben und dem absurden Blick, gerichtet auf eine nicht-zeitgemäße Zeit, die eintreten wird: nicht schicksalhaft oder durch göttliche Fügung – und nicht weil eine*r verliert, damit eine*r gewinnt. Nein, sie wird sein, weil wir in ihr arbeiten, kämpfen, leben und für sie sterben.

Und es wird eine Weide geben, und Blumen, und Bäume, und Flüsse, und Tiere aller Art. Und es wird eine Grasdecke geben, weil es ein Wurzelwerk gibt. Und es wird ein Mädchen geben, einen Jungen, ein*e Mädchen*Junge, die voller Leben sind. Und es wird der Tag kommen, an dem sie sich selbstverantwortlich für die Entscheidung zeigen müssen, was sie mit diesem Leben tun werden.

Ist dies nicht die Freiheit?

(…)

Und ich werde Euch die Geschichte einer mehr als 40 Jahre alten maya-indigenen Frau erzählen, die dutzende male beim Fahrradfahren-Lernen von einem 20er-Rad stürzte. Und jedoch genauso oft wieder aufstand und jetzt mit einem 24er- oder 26er-Rad herumfährt, und mit diesem kommt sie zu den Heilpflanzenkunde-Lehrkursen.

Vom Gesundheitsbeauftragten, der rechtzeitig zu einer abgelegenen Gemeinde ohne gepflasterten Weg gelangen wird, um einem alten Mann, der von einer Nayaca-Giftschlange gebissen wurde, ein Anti-Serum zu verabreichen.

Von der indigenen Frau, einer autonomen Verantwortlichen, die mit ihrem Nagüa-Rock und ihrer gewebten Morraleta-Tasche bei Zeiten zur Versammlung »Als Frauen, die wir sind« ankommen wird, um dort ihren Vortrag über weibliche Hygiene zu halten.

Und dass, wenn es kein Fuhrwerk, kein Benzin, keinen Fahrer oder passierbaren Weg gab, die Gesundheitsversorgung, gemäß unserer Situation und Möglichkeiten, bis hin zu einer kleinen Holzhütte in einem Winkel des Lakandonischen Urwalds gelangen wird.

Eine Champa, eine Hütte um ein Herdfeuer, ohne Strom und bei Regen, welche die Bildungsbeauftragte – ebenfalls auf dem Fahrrad – erreichen wird. Dort wird sie – zwischen dem Geruch aus köchelndem Mais, Kaffee und Tabak – eine schreckliche und wundervolle Geschichte hören, erzählt von einer alten Frau in der Lengua, ihrer Muttersprache. Und ihre Geschichte erzählt vom Votán, welcher weder Mann noch Frau noch Otroa/Andere*r war, und nicht einer war sondern viele. Und sie wird hören, dass gesagt wird: »Dies sind wir, Votán, Bewahrer und Herz des Pueblo«.

In der Schule wird die Bildungsbeauftragte den zapatistischen Mädchen und Jungen diese Geschichte wieder erzählen. Nun gut, eher die Version, die sie erinnert gehört zu haben – denn es war nicht gut zu hören, wegen dem Lärm des Regens und der leisen Stimme der Frau, die die Geschichte erzählte.

[Ich werde Euch auch noch die Geschichte erzählen] von der »Cumbia des Fahrrads«, die eine Musik-Band aus Jugendlichen kreieren wird – welche uns davon erlöst, zum hundertsten Male die »Cumbia des kleinen Frosches« hören zu müssen.

Und unsere Toten, denen wir Redlichkeit und Leben verpflichten, werden vielleicht sagen: »Nun gut, letztendlich sind wir ins Zeitalter des Rades getreten.« Und in den Sternennächten ohne Wolken, welche die Sterne verbergen, werden sie sagen: »Fahrräder! Darauf folgen die Raumschiffe!« Und sie werden lachen, ich weiß es. Und irgendein Lebender wird den kleinen Kassettenrecorder anwerfen und eine Cumbia wird zu hören sein, welche – so hoffen alle, die Lebenden wie die Toten – nicht die »Von der roten Haarschleife« sein wird.

(…)

Aus den Bergen des Südosten Mexikos.
Im Namen der zapatistischen Jungen, Mädchen, Männer, Frauen, Otroas/Andere*n.
Subcomandante Insurgente Moisés.
Coordinador General der »Gira für das Leben«.
Mexiko, April 2023.«

Diese Fragmente sind dem Original entnommen, mit der Autorisierung durch Absender und Adressatin.
Beglaubigt.

Der Capitán.
November 2023.

 

 

 

 

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