ÜBER DIE WAHLEN: SICH ORGANISIEREN.
April 2015.
An die Compas de la Sexta:
An die, die das lesen, weil es sie interessiert, auch wenn sie nicht der Sexta angehören:
In diesen Tagen, wie das immer ist, wenn es das Ding gibt, das da “Wahlprozess” genannt wird, hören wir und sehen wir, dass sie damit daherkommen, dass die EZLN zur Wahlenthaltung aufrufen würde, das heisst, dass die EZLN sagt, man soll nicht wählen. Das und andere Dummheiten sagen jene, die für nichts und wieder nichts einen grossen Kopf haben, sie lernen nicht einmal die Geschichte, sie suchen nicht einmal. Und dabei schreiben sie Geschichtsbücher und Biographien und bekommen dafür Geld. Das heisst, sie bekommen dafür Geld, dass sie lügen. Wie die Politiker.
Natürlich wisst ihr, dass uns diese Dinge, die jene von oben machen, um die Leute von unten für sich zu überzeugen, gar nicht interessieren.
Als Zapatist*innen die wir sind, rufen wir weder zum nicht wählen noch zum wählen auf. Als Zapatist*innen die wir sind, ist das, was wir machen – sooft es möglich ist – den Menschen sagen, dass sie sich organisieren sollen um zu widerstehen, um zu kämpfen, um das zu erreichen was nötig ist.
Wir so wie auch viele andere Originalvölker dieses Landes kennen bereits die Vorgehensweise der politischen Parteien, es ist eine schlimme Geschichte über schlechte Menschen.
Eine Geschichte die für uns Zapatistinnen und Zapatisten die wir sind, eine Geschichte ist, die vorbei ist.
Ich glaube es war der verstorbene Tata Juan Chávez Alonso der einmal sagte, dass die Parteien die Völker trennen, sie entzweien, konfrontieren und sie dazu bringen, dass sie sich streiten, sogar in der eigenen Familie.
Ja genau so geschieht das alle paar Jahre immer wieder hier in unserem Land.
Ihr wisst, dass in diversen Comunidades, in denen wir leben, es Menschen gibt, die keine Zapatist*innen sind, sondern sie sind nicht organisiert, leben schlecht und warten, dass die schlechte Regierung ihnen Almosen gibt, nur fürs Foto um zu zeigen, dass die Regierung gut ist.
Und dann sehen wir, dass jedes mal, wenn es Wahlen gibt, die einen rot werden, die anderen blau, die anderen grün, andere wieder gelb oder farblos und so weiter. Und sie streiten unter sich ja und manchmal sogar in der eigenen Familie. Warum streiten sie? Nun um zu sehen, wer befehlen wird, wem sie gehorchen werden, wer ihnen Anweisungen gibt. Und sie glauben, wenn diese Farbe gewinnt, dann werden die, die diese Farbe gewählt haben, mehr Almosen bekommen. Und dann sehen wirs und sie sagen, dass sie sehr wohl wissen, was sie tun und sich entschieden haben, einer Partei anzugehören und es kommt sogar vor, dass sie sich gegenseitig umbringen, wegen so einer verfluchten Farbe. Denn es ist derselbe, der bereits befiehlt, der will einen Posten und manchmal nimmt der die rote Farbe an, oder die blaue oder die grüne oder die gelbe oder er hängt sich eine neue Farbe um. Und sie sagen, dass sie das Volk sind und es ist wichtig, sie zu unterstützen. Aber sie sind nicht aus dem Volk, es sind die gleichen Regierungen, einmal sind sie lokale Abgeordnete, ein anderes mal Parteifunktionäre, jetzt sind sie schon Bürgermeister und so hopsen sie von einem Posten zum anderen und ebenso hopsen sie von einer Farbe zur anderen. Es sind immer die gleichen, die gleichen Familiennamen, die Verwandten, die Kinder, die Enkel, die Onkeln, die Cousins, die Schwager, die Verlobten, die Liebhaber, die Freunde der gleichen Arschlöcher so wie immer. Und immer sagen sie dasselbe: sie sagen, dass sie das Volk retten werden, dieses mal werden sie sich anständig betragen, sie werden nicht mehr so viel stehlen, sie werden denen helfen, denen es beschissen geht, sie werden sie von der Armut befreien.
Gut und dann verbrauchen sie ihr Geld, welches ja nicht ihres ist sondern das Steuergeld. Aber diese Arschlöcher verwenden ihr Geld nicht etwa dafür, den Armen zu helfen. Nein. Sie verwenden es dafür, um mit ihren Fotos und Namen Wahlpropaganda zu machen, sie zahlen Fernseh- und Radioeinschaltungen, in den komerziellen Zeitungen und Zeitschriften machen sie auch Einschaltungen ja sogar im Kino kann man sie sehen.
Also, die, die in den Comunidades die starken Parteianhänger in Wahlzeiten sind und sie sind von der Farbe, die sie vertreten, sehr überzeugt, dann, wenn klar ist, wer gewonnen hat, wenden sich alle dieser Farbe zu, denn sie glauben, so werden sie ihr kleines Geschenk erhalten.
Zum Beispiel glauben sie jetzt, dass sie einen Fernsehapparat bekommen werden. Gut, wir, die wir Zapatist*innen sind, wir sagen, dass sie einen Abfallkübel erhalten, denn durch diesen Fernseher werden sie ihnen einen Haufen Abfall senden.
Aber ob sie ihnen früher etwas gegeben haben oder nicht, jetzt geben sie ihnen nichts und werden nichts mehr geben.
Wenn sie ihnen was geschenkt haben dann dazu, damit sie Faulpelze werden. Sie haben sogar verlernt, wie man den Boden bearbeitet. Sie warten nur, bis das Geld von der Regierung ankommt um es dann zu versaufen. Sie sind in ihren Häusern und machen sich über uns lustig, denn wir Frauen und Männer wir arbeiten und sie warten nur, dass die Frau oder die Tochter zurückkommt, die sie losgeschickt haben, damit sie den Lebensmittelkorb, die Regierungsunterstützung abholen gehen.
Bis dann nichts mehr kommt. Niemand sagt es ihnen, in den bezahlten Medien erscheint nichts darüeber, niemand kommt um ihnen zu sagen, dass sie ihre Retter sind. Die Unterstützung hört nur von einem zum anderen Moment auf. Und dieser Bruder, diese Schwester merken dann, dass sie nichts mehr haben, dass sie sich nicht mehr betrinken können, aber da ist auch kein Geld für Mais, Bohnen, Seife, Hosen. Und dann müssen sie an die Arbeit zurück, auf das verlassene Feld, total verwildert, dass man gar nicht mehr durchkommt. Und nachdem er das arbeiten bereits verlernt hat, ja da kriegt er dann Blasen auf den Händen und nicht einmal die Machete kann er richtig führen. Wie wenn er nutzlos geworden wäre und nur von Almosen leben kann und nicht von der Arbeit.
Und genau das passiert bereits. Das steht nicht in den Nachrichten der schlechten Regierung. Ganz im Gegenteil, da steht, dass sie ganz viele Menschen subventionieren. Aber in die Dörfer kommt nichts mehr. Wo ist das Geld, welches die schlechte Regierung angeblich für die Almosen-Kampagne gegen den Hunger zahlt? Nun denn, wir wissen, dass sie dort oben gesagt haben, dass es weniger Geld geben wird oder gar keines mehr. Glauben Sie im Ernst, wenn der Bauer, der sich bereits an das Almosen gewöhnt hat und vergessen hat, wie man arbeitet, dagegen der von oben, der ihm dieses Almosen gegeben hat, doch arbeitet? Die Antwort lautet nein. Der von oben ist auch daran gewöhnt, gratis zu bekommen. Er kann nicht durch redliche Arbeit leben sondern nur durch einen Posten in der Regierung.
Gut denn, nachdem es jetzt weniger Geld gibt, kommt keines mehr bis hierher. Alles bleibt oben. Einen Teil nimmt der Gouverneur, einen anderen der Richter, einen anderen der Polizist, etwas der Abgeordnete, ein Stückerl der Bürgermeister, der Kassier, der Bauernbundobmann und dann, für die Familie des Parteiangehörigen, da bleibt nichts mehr übrig.
Aber früher kam es, jetzt nicht mehr. Was ist los? Fragt der Parteianhänger. Und er denkt, dass diese Farbe nichts mehr wert ist und er probiert eine andere Farbe aus. Und alles bleibt beim Alten. In den Versammlungen der Parteianhänger werden sie wütend, sie schreien, sie beschuldigen sich gegenseitig, sie nennen sich Verräter, Verkaufte, Korrupte. Und das stimmt, die die schreien und die, die angeschrien werden, sind Verräter, Verkaufte und Korrumpierte.
Und dann ist es so, dass die Basis der Parteien nervös werden, Angst bekommen, sich leid tun. Und sie machen sich nicht mehr über uns lustig, denn in den zapatistischen Häusern gibt es Mais, Bohnen, Gemüse und ein wenig Geld für notwendige Medizin und für Kleidung. Und mit der kollektiven Arbeit verdienen wir so viel, um uns gegenseitig zu helfen, wenn es einen Notfall gibt. Wir haben die Schule, wir haben das Spital. Die Regierung hilft uns nicht. Wir helfen uns gegenseitig, wir zapatistischen Compañeros und die compañeroas der Sexta.
Und dann kommt unser Bruder, der ein Parteianhänger ist, er ist traurig und fragt uns, was er machen soll, es ist alles beschissen.
Gut denn, hört, was wir ihm antworten:
Wir sagen nicht, dass er die Partei wechseln solle, weil eine andere sich bisher als weniger schlecht erwiesen hat.
Wir sagen nicht, dass er wählen soll.
Wir sagen auch nicht, er soll nicht wählen.
Wir sagen nicht, er soll Zapatist werden, denn wir wissen sehr gut, aus unserer Geschichte, dass nicht jeder die Herzensstärke hat, um Zapatist zu werden.
Wir machen uns nicht lustig.
Wir sagen einfach nur, dass er sich organisieren soll.
“Und dann, was mache ich dann?”, fragt er.
Und dann sagen wir: “das wirst du dann selber sehen, was du machst, was dir dein Herz sagt, dein Kopf und nicht warten, dass ein anderer daherkommt und dir sagt, was du tun sollst”.
Und er sagt: “die Situation ist aber sehr beschissen”.
Und wir lügen ihn nicht an, wir verwenden keine grossen Worte, halten keine Ansprachen. Wir sagen nur die Wahrheit:
“Es wird noch schlimmer werden”.
-*-
Wir wissen nämlich, dass es so kommen wird.
Aber als Zapatist*innen ist uns auch klar dass es noch immer Menschen gibt, in anderen Teilen der Stadt, auf dem Land, die das mit den Parteien glauben.
Und es sieht ja cool aus, das mit den Parteien, wenn man das Geld ohne Arbeit verdient, ohne sich zu schinden um einige Centavos zu ergattern, damit man essen kann, etwas zum anziehen kaufen kann und wenn nötig eine Medizin anschaffen kann.
Nun, die von oben betrügen die Menschen. Das ist ihre Arbeit, dafür sind sie da.
Und dann sehen wir, dass es immer Menschen gibt, die das glauben, jetzt endlich, jetzt wird alles besser werden, dieser Führer wird jetzt das Problem lösen, er wird sich anständig benehmen, er wird nicht zu viel stehlen, nur ein bisserl schon, es muss ausprobiert werden.
Dann sagen wir, dass es Stücke von kleinen Geschichten sind, die so geschehen müssen. Das sie selbst mit ihren eigenen Augen sehen müssen, dass da nicht einer ist, der das Problem löst, sondern wir selbst müssen es lösen, wir Männer und Frauen, wir als ein organisiertes Kollektiv.
Die Lösungen die findet die Bevölkerung, nicht die Leader, die Parteizugehörigen.
Und wir sagen das nicht, weil es sich schön anhört. Wir sagen es, weil wir es schon in der Realität gesehen haben, weil wir das schon machen.
-*-
Es ist möglich, dass vor langer Zeit Parteizugehörige der Linken, bevor sich diese institutionalisiert hat, versucht haben, im Volk Bewusstsein zu schaffen. Sie suchten nicht die Macht wegen der Wahl, sondern sie wollten das Volk dazu bewegen, sich zu organisieren, zu kämpfen und das System zu verändern. Nicht nur die Regierung. Das gesamte System.
Warum sage ich die Parteiangehörigen der institutionalisierten Linken? Gut, weil wir wissen, dass es Linksparteien gibt, die nicht an den schmutzigen Geschäften von oben teilnehmen, sie haben ihre eigene Art, aber sie sind nicht käuflich, sie geben nicht auf und sie sind weiterhin der Meinung, dass mit dem kapitalistischen System Schluss gemacht werden muss. Und wir wissen das wohl, und wir Zapatistinnen und Zapatisten vergessen das nicht, dass die Geschichte derer von unten auch mit ihrem Blut geschrieben ist.
Aber das Geld ist das Geld und oben ist oben. Und die Parteiangehörigen der institutionalisierten Linken haben ihre Meinung geändert und jetzt geht es nur mehr darum, einen Posten für Geld zu erhalten. So einfach ist das: Das Geld. Oder die Zahlung.
Oder glauben Sie, dass man Bewusstsein schaffen kann, indem man verachtet, erniedrigt, die Menschen von unten beschimpft? Wenn man ihnen sagt, dass sie Sandwich-Esser sind, die nicht denken können? Dass sie dumm seien?
Glauben Sie, dass man Bewusstsein schafft, wenn man um die Stimme der Menschen bittet, und sie gleichzeitig beleidigt, indem man sagt, dass sie Trottel sind, die sich für einen Fernseher kaufen lassen?
Glauben Sie, dass man Bewusstsein schaffen kann, wenn du ihnen sagst “hör mal du, Linksparteizugehöriger, dieses Zicklein oder diese Ziege, von denen du sagst, dass sie die Hoffnung sind, hat schon eine andere Farbe gehabt und es ist eine Ratte” und darauf antworten sie dir, dass du vom Peña Nieto gekauft bist?
Glauben Sie, dass man Bewusstsein schaffen kann, indem sie die Leute anlügen, dass die Zapatist*innen sagen würden, dass man nicht wählen soll; das nur deshalb, weil sie sehen, dass sie nicht genug Stimmen zusammen bringen um zugelassen zu werden, das heisst, um kassieren zu können und sie suchen nur einen Vorwand, wem sie die Schuld geben können?
Glauben Sie, dass man Bewusstsein schaffen kann, wenn sie dieselben haben, die früher gelb waren oder rot oder grün oder blau?
Glauben Sie, dass man Bewusstsein schaffen kann, wenn sie sagen, dass die, die keine köhere Schule besucht haben und noch dazu arm sind, nicht wählen dürfen, weil sie Dummköpfe sind, die nur die PRI wählen?
Wenn der Velasco aus Chiapas mit der Hand Ohrfeigen verteilt, dann verteilen diese Parteigänger Ohrfeigen mit ihrem schlecht versteckten Rassismus.
Sehen Sie, diese Parteianhänger, das einzige was sie an Bewusstsein schaffen ist, abgesehen von ihrem Hochmut, die Tatsache, dass sie Trottel sind.
Was haben sie denn gedacht?
Dass die Menschen von unten, nachdem sie beschimpft, belogen und beleidigt wurden, losrennen würden um sich vor ihrer Farbe niederzuknien, sie zu wählen und sie um Rettung anzuflehen?
Wir als Zapatist*innen sagen: das ist der Beweis dafür, dass man, um Parteipolitiker von oben zu werden, dumm, schamlos und verbrecherisch sein muss, oder alle drei Dinge gleichzeitig.
-*-
Wir Zapatist*innen sagen, dass es keinen Grund zum fürchten gibt, wenn das Volk befiehlt. Das ist das Gesündeste und Verantwortungsvollste. Denn die Menschen werden die Änderungen machen, die sie wirklich brauchen. Und nur so wird es ein neues System des Regierens geben.
Es ist nicht so, dass wir nicht verstehen, was wählen oder Wahlen bedeuten. Wir Zapatistinnen und Zapatisten haben einen anderen Kalender und eine andere Geographie wie man Wahlen in einem rebellischen Territorium machen muss, mit Widerstand.
Wir haben bereits unseren eigenen Weg als Volk das wirklich wählt, und wir brauchen keine Millionen die ausgegeben werden und noch viel weniger produzieren wir Tonnen von Plastikmüll mit Transparenten, auf denen die Fotos der Diebe und Verbrecher aufscheinen.
Es stimmt, es sind kaum 20 Jahre vergangen, seit wir unsere autonomen Autoritäten wählen, demokratisch und ehrlich. So sind wir seither geschritten, mit der Freiheit, die wir erobert haben und der Gerechtigkeit eines organisierten Volkes. Wo Tausende von Männern und Frauen teilnehmen um zu wählen. Wo alle übereinstimmen, sich organisieren und überwachen, dass die Gewählten ihren Auftrag erfüllen. Wo das Volk sich organisiert um zu sehen, wie die Arbeiten der Autoritäten aussehen.
Das heisst, wie das Volk seiner Regierung befiehlt.
Die Menschen organisieren sich in Versammlungen, wo sie ihre Meinung ausdrücken und dann kommen Vorschläge dazu und die Vorschläge werden überlegt, die Vor- und Nachteile werden diskutiert und es wird analysiert, was das Beste ist. Und bevor eine Entscheidung getroffen wird, wird der Vorschlag in alle Dörfer getragen, damit er dort bewilligt wird und dann zurück in die Versammlung, wo dann die Entscheidung getroffen wird, je nach der Mehrheit der Entscheidung der Dörfer.
Das ist bereits das zapatistische Leben in den Dörfern. Es ist bereits eine echte Kultur.
Erscheint Ihnen das sehr langwierig? Deshalb sagen wir, es geht nach unserem Kalender.
Glauben Sie, das ist so, weil wir Originialvölker sind? Deshalb sagen wir, es ist nach unserer Geographie.
Es stimmt, wir haben viele Fehler begangen, viele Irrtümer. Und wir werden sicher noch mehr begehen.
Aber es sind unsere Irrtümer.
Wir begehen sie. Wir bezahlen sie.
Nicht wie die Parteizugehörigen, wo die Anführer die Fehler begehen und ausserdem dafür kassieren, und die von unten sind die, die das zahlen müssen.
Daher sind Wahlen, die im Juni auf uns zu kommen, mit allem Drumherum, für uns total unwichtig.
Wir rufen nicht zum wählen auf, wir rufen auch nicht zum nichtwählen auf. Es interessiert uns nicht.
Noch mehr, es berührt uns auch nicht.
Was uns Zapatistinnen und Zapatisten dagegen sehr wohl interessiert ist mehr darüber zu wissen, wie wir den vielen Köpfen des kapitalistischen Systems, das uns ausbeutet, unterdrückt, geringschätzt und beraubt, widerstehen und konfrontieren können.
Denn es ist nicht nur von einer Seite und auf eine Art und Weise, wie uns der Kapitalismus unterdrückt. Er unterdrückt, weil du eine Frau bist. Er unterdrückt, weil du AngestellteR bist. Er unterdrückt, weil du Arbeiter*in bist. Er unterdrückt, weil du Bauer*in bist. Er unterdrückt, weil du jung bist. Er unterdrückt, weil du ein Mädchen, ein Bub bist. Er unterdrückt, weil du einE Lehrer*in bist. Er unterdrückt, weil du Student*in bist. Er unterdrückt, weil du Künstler*in bist. Er unterdrückt, weil du denkst. Er unterdrückt, weil du ein Mensch, eine Pflanze, Wasser, Erde, Luft oder Tier bist.
Es hilft alles nichts, wie sehr sie es mit Parfum besprühen, waschen, aus dem kapitalistische System “trieft Blut und Schmutz aus allen Poren, vom Kopf bis zum Zeh” (seht nach, wer das geschrieben hat und wo).
Daher sind wir nicht dafür, für die Stimmabgabe zu werben.
Aber wir werben auch nicht für Stimmenthaltung oder eine ungültige Wahl.
Wir denken nicht daran, Rezepte zu liefern, wie man mit dem Kapitalismusproblem fertig wird.
Wir sind auch nicht dazu da, um unsere Denkweise anderen aufzuzwingen.
Das Seminar dient dazu, um die verschiedenen Köpfe des kapitalistischen Systems zu sehen, zu verstehen, ob es eine neue Art gefunden hat, uns anzugreifen oder ob es immer die altbekannte Weise ist.
Wenn uns ein anderes Denken interessiert dann deshalb um zu sehen, ob es richtig ist, was was voraussehen, eine ungeheuerliche wirtschaftliche Krise , die sich mit anderem Ungemach verbinden und ganz viel Schaden anrichten wird, für alle Männer, Frauen und AnderEr auf der ganzen Welt.
Und dann, wenn es wahr sein sollte, dass das alles kommt, oder bereits hier ist, also dann müssen wir nachdenken, ob es einen Sinn hat, gleich weiterzumachen wie bisher.
Wir glauben, dass wir uns zwingen müssen nachzudenken, zu analysieren, zu erwägen, zu kritisieren, unseren eigenen Schritt zu suchen, unsere eigene Art, auf unserem jeweiligen Platz und in unserer Zeit.
Jetzt frage ich Sie, die Sie das lesen: egal ob Sie wählen oder nicht wählen. Tut es Ihnen weh, wenn Sie darüber nachdenken, wie es um die Welt steht, auf der wir leben? Hindert Sie das kritische Denken am Wählen oder zwingt es Sie zur Enthaltung? Hilft es, dass Sie sich organisieren?
-*-
Um das Thema Wahlen abzuschliessen:
Nur damit Ihnen ganz klar wird und Sie sich nicht täuschen lassen, dass wir etwas gesagt hätten, was wir nicht sagen.
Wir verstehen dass es welche gibt, die glauben, dass sie das System verändern können, wenn sie bei der Wahl ihre Stimme abgeben.
Wir sagen, das ist verflixt, denn der Herrscher ist der, der die Wahlen organisiert, der entscheidet, wer Kandidat sein darf, der bestimmt, wie und wann und wo gewählt wird, der sagt, wer gewonnen hat, der das Ergebnis mitteilt und der bestimmt, ob es richtig zugegangen ist oder nicht.
Aber gut, es gibt Menschen die glauben, es passt. Das ist gut, wir sagen nicht nein, aber wir sagen auch nicht ja.
Daher, wählen Sie für eine Farbe oder farblos oder wählen Sie nicht, was wir sagen ist, dass man sich organisieren muss und in die eigenen Hände nehmen muss, wer uns regiert und ihn oder sie zwingen muss, dass er oder sie dem Volk gehorcht.
Wenn Sie bereits daran gedacht haben zu wählen und auch schon wissen, wen Sie wählen, dann sagen wir nicht, dass das gut oder schlecht ist. Was wir Ihnen jedoch klar sagen ist, dass Sie sich vorbereiten sollen, denn Sie werden sehr zornig werden wegen der Schwindel und Betrüge, die sie machen werden. Denn die, die an der Macht sind, sind Experten was Betrug betrifft. Denn die oben haben bereits entschieden, wie es ausgehen wird.
Wir wissen auch, dass es Leader gibt, die die Menschen betrügen. Sie sagen, dass es nur zwei Wege gibt, um das System zu ändern: entweder der Wahlkampf oder der bewaffnete Kampf.
Sie sagen das aus Dummheit oder aus Schamlosigkeit oder wegen der beiden Dinge zusammen.
Erstens kämpfen sie nicht, um das System zu ändern, noch um die Macht zu übernehmen sondern um zu regieren. Das ist nicht dasselbe. Sie sagen, wenn sie die Regierung haben, dann werden sie von dort aus gute Dinge machen, aber sie passen sehr darauf auf, dass es ganz klar bleibt, dass sie das System nicht verändern werden, sondern ihm nur das Böse entfernen werden.
Vielleicht sollten sie ein bisschen studieren und daraus lernen, dass Regierung zu sein nicht bedeutet, die Macht zu haben.
Es ist offensichtlich, dass sie auch nicht wissen, wenn man dem Kapitalismus das Böse nimmt, dann gibt es keinen Kapitalismus mehr. Und ich werde Ihnen sagen warum: der Kapitalismus ist die Ausbeutung des Mannes durch den Mann, von vielen durch einige wenige. Auch wenn die Frauen eingeschlossen werden, ändert das nichts. Auch wenn die AndereR eingeschlossen werden, ändert das nichts. Das System bleibt gleich, wo EinigeRe sich auf Kosten der Arbeit der AndereRen bereichern. Und es sind Wenige AndereRe von oben, und Viele AndereRe von unten. Wenn die Parteianhänge sagen, dass das gut ist und dass man nur aufpassen muss, dass sie nicht zu weit gehen, gut denn, dann sollen sie halt daran glauben.
Aber um Regierung zu sein, gibt es nicht nur zwei Wege, wie sie sagen (der bewaffnete und der Wahlkampf). Sie vergessen, dass man die Regierung auch kaufen kann (oder haben sie schon vergessen, wie der Peña Nieto an die Regierung kam?). Und nicht nur das, vielleicht wissen sie es nicht, aber man kann auch befehlen, ohne Regierung zu sein.
Wenn diese Menschen sagen, dass es nur mit den Waffen oder mit den Wahlen geht, dann drücken sie damit nur aus, dass sie die Geschichte nicht kennen, dass sie nicht gut gelernt haben, dass sie kein Vorstellungsvermögen haben und dass sie Lumpen sind.
Es würde reichen, wenn sie ein wenig nach unten schauen würden. Aber sie haben schon Halsstarre vor lauter nach oben schauen.
Daher werden wir Zapatistinnen und Zapatisten nicht müde, immer wieder zu sagen, organisiert euch, organisieren wir uns, jeder an seinem Platz, kämpfen wir darum, uns zu organisieren, arbeiten wir dafür, um uns zu organsieren, denken wir darüber nach, wie wir uns organisieren können und treffen wir uns, um unsere Organisationen zu vereinen und zwar für eine Welt, wo das Volk befiehlt und die Regierung gehorcht.
Zusammenfassend: wie wir früher gesagt haben, wie wir jetzt sagen: egal ob du wählst oder nicht wählst, organisiere dich.
Und wir Zapatistinnen und Zapatisten meinen, dass man gute Ideen haben muss, um sich zu organisieren. Das heisst, es bedarf der Theorie, des kritischen Denkens.
Mit dem kritischen Denken analysieren wir die Art und Weise des Feindes, dessen, der uns unterdrückt, uns ausbeutet, uns beherrscht, uns verachtet und uns beraubt.
Aber mit dem kritischen Denken sehen wir auch, wie unser Weg ist, wie unsere Schritte gehen.
Daher rufen wir die gesamte Sexta auf, dass sie Meetings machen, zum Nachdenken, zur Analyse, der Theorie, darüber, wie sie die Welt sehen, ihren Kampf, ihre Geschichte.
Wir rufen sie auf, dass sie ihre eigenen Samenbeete anlegen und uns mitteilen, was sie dort säen.
-*-
Wir als Zapatistinnen und Zapatisten werden weitermachen wie jetzt, wir werden weiter regieren, wo das Volk befiehlt und die Regierung gehorcht.
Wie die zapatistischen Compañeros sagen: Hay lum tujbil vitil ayotik. Das heisst: es ist sehr schön, wie wir es machen.
Ein anderer Spruch: Nunca ya kikitaybajtic bitilon zapatista. Das heisst: wir werden nie aufhören Zapatisten zu sein.
Noch einer: Jatoj kalal yax chamon te yax voon sok viil zapatista. Das heisst: Auch nach dem Tod werde ich Zapatist sein.
Aus den Bergen des Südostens von Mexiko.
Im Namen der gesamten EZLN, der Männer, Frauen, Kinder und Alten der zapatistischen nationalen Befreiungsarmee.
Subcomandante Insurgente Moisés.
Mexiko, April-Mai 2015.
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