Die politischen Gefangenen.
Juni 2013.
An die Anhaegerinnen und Anhaenger der Sexta in Mexiko und auf der ganzen Welt: An die Schuelerinnen und Schueler der kleinen zapatistischen Schule:
Compañeroas, compañeras, compañeros:
Ausser den im Kampf Gefallenen und Vermissten, werden die politischen Gefangenen, die mit unterschiedlichen juristischen Tricks in den Gefaengnissen der Welt eingesperrt sind oder im politischen Asyl leben muessen nicht – und doch – an der kleinen zapatistischen Schule teilnehmen.
Es sind Tausende auf der ganzen Welt und das Kleine unseres Wortes schafft es nicht, alle zu erreichen. Obwohl wir unsere Compañeros und Compañeras des Nationalen Netzwerkes gegen die Unterdrueckung und fuer die Solidaritaet um Hilfe bitten, um so viele wie moeglich zu erreichen, werden immer welche fehlen.
Daher haben wir unter den vielen Einladungen, die wir verschickt haben, auch welche an jene gesandt, die nicht nur das Absurde des Versuches, die Freiheit einzusperren darstellen, sondern auch, und vor allem den wuerdigen Widerstand und die Beharrlichkeit, die nicht durch Waechter, Mauern und Gitter bezwungen werden koennen.
Unter diesen befinden sich:
Alberto Patishtán Gómez.– Zu 60 Jahren Gefaengnis verurteilt, am 19. Juni diesen Jahres waren es 13 Jahre, die er hinter Gittern verbrachte. Sein Verbrechen: Mexikaner, aus dem Bundesstaat Chiapas, Indigener, Lehrer und Sympathisant der Zapatisten zu sein. Obwohl nachgewiesen wurde, dass er zu unrecht im Gefaengnis ist, zoegert die Justizbehoerde seine Freilassung hinaus. Ein Regierungsbeamter sagte: “wenn wir Patishtán frei lassen, waere das in zweifachem Sinne ein schlechtes Zeichen: wir wuerden offen darlegen, dass das Justizsystem Scheisse ist und wir wuerden andere Gefangene ermutigen, den Kampf um die Freiheit aufzunehmen. Etwas, das auf keinen Fall fuer uns von Vorteil waere. Besser ist es zu warten, bis jene muede werden, die darueber so viel Laerm machen..” Aber hier wissen wir sehr wohl, dass das mexikanische Justizsystem eine grosse Scheisse ist und dass die, die fuer die Freiheit der politischen Gefangenen kaempfen nicht muede werden…..niemals.
Leonard Peltier.– Seit 37 Jahren im Gefaengnis. Sein Verbrechen: Angehoeriger des Volkes der Sioux Chippewa (Anishinabe-Lakota) und Kaempfer fuer die Rechte der urspruenglichen BewohnerInnen der USA zu sein. Er wurde 1976 gefangen genommen und erhielt zwei Verurteilungen hintereinander, beide auf lebenslaenglich (vielleicht deshalb, weil seine Henker sicher gehen wollten, dass er weder lebend noch tot freikommen werde). Er wurde angeklagt, 2 Agenten des FBI ermordet zu haben. Das Verbrechen ereignete sich in Pine Ridge, heiliges Land der Sioux, in Sued-Dakota, USA, wo es Uran und Kohlenvorkommen gibt.
Er wurde ohne jeglichen Beweis verurteilt und obwohl es einen Akt mit mehr als 10.000 Seiten gibt mit klaren Beweisen seiner Unschuld. Die Anklage des FBI kann man so zusammenfassen: ́Irgendjemand muss dafuer zahlen ́. Uebrigens, Robert Redford machte ein Film ueber diesen Fall, der Film wurde nie in den amerikanischen Kinos gezeigt. Waehrenddessen haben die ́boys ́ und ́girls ́ des FBI, die in den TV-Serien so eine gute Figur machen, 250 indigene Lakotas ermordet. Nachforschungen zu diesen Verbrechen wurden bisher keine angestellt..
Das alles in einem Land, das durch Raub der den urspruenglichen BewohnerInnen gehoerenden Laendereien entstanden ist, in diesem Teil des amerikanischen Kontints
Mumia Abu Jamal.– Buerger der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit mehr als 30 Jahren im Gefaengnis. Sein Verbrechen, Journalist zu sein und Aktivist fuer die Rechte der wegen ihrer Hautfarbe Unterdrueckten in USA. Urspruenglich zu Tode verurteilt, dann auf lebenslaenglich umgewandelt. Er wurde von den Weissen beschuldigt, einen Weissen ermordet zu haben, die Weissen richteten ihn, die Weissen verurteilten ihn, die Weissen wollten ihn hinrichten und er wird von Weissen ueberwacht.
Das alles in einem Land, welches durch die Ausbeutung, dem Schweiss und Blut der afrikanischen Sklaven entstanden ist ….natuerlich, die Sklaven hatten keine weisse Haut.
Edward Poindexter und Mondo We Langa.– Buerger der Vereinigten Staaten von Amerika. Ihre Verbrechen: Kampf um die Rechte der afroamerikanischen Bevoelkerung in USA. Opfer des Spionageabwehr-Programmes (CONTELPRO = englische Abkuerzung) des FBI, sie wurden angeklagt, 1970 einen Polizisten ermordet zu haben, als ein Koffer mit Dynamit explodierte. Obwohl das Gestaendnis des tatsaechlichen Taeters vorliegt, hat das FBI Beweise gegen diese zwei Aktivisten der Schwarzen Panther gefaelscht und manipuliert. Unzaehlige juristische Beweise belegen die Unschuld der Beiden.
Sie sind weiterhin im Gefaengnis, in dem Land, das sich der Redlichkeit und Unparteilichkeit seines Rechtssystems ruehmt.
Julian Paul Assange.– Gebuertiger Australier und Weltenbuerger. Im Moment politischer Fluechtling. Sein Verbrechen: die weltweite Bekanntmachung der verfaulten amerikanischen Aussenpolitik, und anderer Sachen mehr.
Assange wird im Moment von der britischen und der nordamerikanischen Regierung verfolgt, beide Laender angeblich ́Vorkaempfer ́ fuer Gerechtigkeit und Freiheit.
Bradley Manning.- Vorzeige-Soldat des amerikanischen Heeres. Sein Verbrechen: Verbreitung eines Videos, in dem gezeigt wird, wie amerikanische Soldaten irakische Zivilisten von einem Hubschrauber aus ermorden. Unter den Ermordeten befinden sich zwei Journalisten. Er ist auch angeklagt, das Durchsickern von Dokumenten ueber die nordamerikanische Unmenschlichkeit in Afghanistan und Irak ermoeglicht zu haben. Die Hauptanklage gegen Bradley Manning, die ihm die Todesstrafe einbringen koennte lautet ́Feindeshilfe ́, das heisst, Hilfe, dass die Wahrheit ans Tageslicht kommt.
All das in einem Land, das unaufhoerlich die Luege verbreitet, dass es staendig von aussen bedroht wird (Muslime, Asiaten, Latinos etc. oder besser gesagt, vom gesamten Rest der Welt) und laut der neulich aufgedeckten ́Geheimdienstmanoever ́ – in Wirklichkeit handelt es sich um Spionage – sind auch die Nordamerikaner selbst eine Bedrohung.
Antonio Guerrero Rodríguez, Fernando González Llort, Gerardo Hernández Nordelo, Ramón Labañino Salazar und René González Sehwerert.- Das Heimatland dieser fuenf Personen ist Kuba, erstes freies Land in Amerika. Besser bekannt als ́die 5 Kubaner ́. Ihr Verbrechen: Informationen ueber die Plaene von Terroristen, die ihre Basis in USA haben, gegeben zu haben. Im Juni 1998 hat Kuba der FBI einen Bericht uebergeben, den die 5 Kubaner erarbeitet hatten. Der Bericht enthielt hunderte Seiten an Reports, Videos und Audios ueber die Aktivitaeten der Terroristen in USA.
Anstatt die Terroristenzellen auszuheben, hat das FBI die 5 Kubaner festgenommen, jene Kubaner, die Hunderten von Menschen das Leben retteten, vor allem Touristen, die das Ziel der Attacken gewesen waeren. Antonio ist Ingenieur, Fernando Diplomat, Gerardo Karikaturist, Ramón Oekonom und René Flugzeugpilot. Sie sind unter der Anklage der Spionage im Gefaengnis, und es war so, dass im Prozess gegen sie selbst die Anklaeger bezeugten, dass das Material, welches sie sammelten, die Sicherheit der USA nicht beeinflusste und dass Kuba keine Bedrohung darstelle.
All das in dem Territorium derjeniger, die behaupten, gegen den internationalen Terrorismus zu kaempfen.
Maria Alyójina, Yekaterina Stanislávovna Samutsévich und NadezhdaTolokónnikova.- Russinnen, Mitgliederinnen der Rock-Gruppe “Pussy Riot”. Ihr Verbrechen: aufzeigen der Packeleien von Vladimir Putin unter Komplizenschaft des hohen Klerus der russisch orthodoxen Kirche. Sie wurden festgenommen und eingesperrt, weil sie in einer Kirche Punk-Musik spielten. Im Lied baten sie die Mutter Gottes, dass sie Putin aus den Staatsgeschaeften vertreiben moege.
Das in dem Land., das sich ruehmt, sich von der ́kommunistischen Tyrannei ́ befreit zu haben.
Gabriel Pombo da Silva.– Anarchist, von ueberall und nirgendwo. Seit fast 30 Jahren war er in mehr als 20 verschiedenen Gefaengnissen in Spanien und Deutschland. Sein Verbrechen: konsequent zu sein. Zu seinen Verfolgern sagte er: : “Es gibt nichts Traurigeres als ein zufriedener Sklave….ein Indivduum ohne Erinnerungsvermoegen und ohne Wuerde……es ist besser, auf dem Schafott zu enden wegen Rebellion als 100 Jahre eine ́bedingte Freiheit ́ zu leben, bedingt durch die Aengste und Luegen, die man uns indoktriniert hat….. ̈ Und in seiner Eigenschaft als politischer Gefangener ist ihm klar: “Ich weiss, dass fuer mich (so wie fuer viele andere) keine Moeglichkeit besteht, aus dem Gefaengnis hinauszukommen, wo ich wegen ihrer Gesetze bin……denn ihre Legalitaet wuerde von mir das Aufgeben meiner politischen Identitaet erfordern….Und natuerlich, wer seine politische Identitaet aufgibt, verraet nicht nur sich selbst, sondern auch alle jene, die uns vorangegangen sind, in diesem langen Weg fuer Wuerde und Freiheit. In dieser Ueberlegung liegt nichts Heldenhaftes und nichts eines ́Maertyrers ́ (von denen sind die Friedhoefe voll). Ich glaube es ganz aufrichtig, von ganzem Herzen und daher bin ich bereit ́meinen Tribut zu zahlen ́, dafuer, dass ich kohaerent bin, mit mir selbst, mit dem, was ich denke und fuehle…… ̈
(…)
Warum spreche ich ueber diese politischen Gefangenen, so wenig symbolisch und so unterschiedlich der Eine/ die Eine vom Anderen / von der Anderen. Weil fuer die Zapatistinnen und Zapatisten die Freiheit nicht Eigentum einer Gesinnung, einer Ideologie, einer politischen Position, einer Rasse ist. In den Videos werdet Ihr sehen, worauf wir uns beziehen und sie werden Euch helfen zu hoeren, und das ist es, wie man zu verstehen beginnt. Es sind ca. 15 Minuten die helfen, sich in die vielen Welten, die in der Welt sind hinauszulehnen.
So wie sie, diese Maenner und Frauen, wurden Hunderte von politischen Gefangenen, Maenner und Frauen zur kleinen zapatistischen Schule eingeladen. Allen haben wir einen Brief geschrieben, so wie den, den Ihr nachstehend lesen koennt. Wir hoffen, dass sie ihn bekommen, genau so wie die Buecher und Audios und Videos, wo wir unsere Geschichte erzaehlen. Wir hoffen, dass sie die Einladung annehmen, nicht weil wir glauben, dass wir ihnen was lehren koennen sondern damit sie kennen lernen, wie hier die Freiheit benannt wird.
Also dann geht es los:
ZAPATISTISCHE NATIONIONALE BEFREIUNGSARMEE MEXIKO.
Mai 2013.
An: ___________________________
Von: Den zapatistischen Frauen, Maennnern, Kindern und Alten.
Betrifft: Besondere Einladung zur Teilnahme an der kleinen zapatistischen Schule. Compañer@:
Es gruessen Sie die Buben, Maedchen, Alten, Frauen und Maenner der nationalen zapatistischen Befreiungsarmee
Dieses Schreiben dient dazu, Ihnen eine besondere Einladung zu uebermitteln, an der kleinen zapatistischen Schule ́Die Freiheit nach den ZapatistInnen ́, teilzunehmen.
Wir wissen, dass es Ihnen vielleicht nicht moeglich sein wird, dieses Mal persoenlich teilzunehmen. Aber wir wissen sehr wohl, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Gefaengnistore fuer die oeffnen werden, die wie Sie von der Regierung gewordenen Ungerechtigkeit gefangen genommen wurden. Und ebendiese Tore werden genuegend weit offen bleiben, dass durch diese die Banquiers und deren Diener eintreten koennen.
Bis es so weit ist, muessen wir schauen, wir wir es bewerkstelligen, Ihnen das Unterrichtsmaterial zukommen zu lassen. Es sind Texte mit Worten unserer zapatistischen Compañeras und Compañeros, ueberwaeltigend Indigene, Mayas, und dort erzaehlen sie ihre eigene Geschichte, die ihres Kampfes. Eine Geschichte, die sicherlich der Ihren gleicht, voll jener staendigen Hoehen und Tiefen, wie das beim Kampf um die Freiheit so ist, die Schmerzen, die ihn erfuellen, der Hoffnung, die aus ihm sprudelt und diese staendige Sturheit des – so wie Sie – nicht Aufgebens, des sich nicht Verkaufens, des sich nicht Ergebens.
Vielleicht kommt das jetzt nicht bei Ihnen an. Es ist sehr gut moeglich, dass Ihre Waechter und Folterknechte das Material konfiszieren, unter dem Vorwand, dass das Paket gefaehrliches Material enthalte. Denn schon das Wort ́Freiheit ́, wenn es von unten und links gelebt wird, ist eines der vielen Schreckgespenste in den Alptraeumne jener die oben sind, um den Preis und der Schmezen aller anderen.
̈Wie dem auch sei, hier erwarten wir frueher oder spaeter Ihre Praesenz. Denn wie der Freiheit unser Bestreben gilt, so ist eines unserer Erkennungsmerkmale die Geduld.
Vale. Salud und dass die Freiheit das sein moege, was sie sein soll, das heisst, ein Weltkulturerbe.
Im Namen aller Zapatistinnen und Zapatisten des EZLN.
Subcomandante Insurgente Moisés. Subcomandante Insurgente Marcos.
Méxiko, Mai 2013.
(Ende des Einladungsbriefes an die politischen Gefangenen) (…)
So denn, jetzt kennt Ihr also schon diese anderen Eingeladenen, die an der kleinen Schule zusammen mit Euch teilnehmen werden.
Habt keine Angst. Sie sind nicht die Kriminellen, ganz im Gegenteil, das sind die, die sie gefangen halten.
Vale. Salud und dass wir die Freihheit in der einzig moeglichen Art finden moegen, das heisst, zusammen mit ihnen allen.
(Fortsetzung folgt…)
Aus den Bergen des Suedostens von Mexiko
Subcomandante Insurgente Marcos.
México, Juni 2013.
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Hoere und schau die Videos an, die diesen Text begleiten
Bischof Raúl Vera, immer auf der Seite der von unten, spricht ueber den politischen Gefangenen Alberto Patishtán.
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Das Schweigen und das Sprechen, nach den Lakota.
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Die Gruppe “The Last poets”, mit “True Blues”, eine Uebersicht, im Blues- Rhythmus, der Unterdrueckungsgeschichte der Afroamerikaner im Lauf der Zeit
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Die nordamerikanischen Schauspieler Danny Glover und Peter Coyote druecken ihre Solidaritaet mit den 5 Kubanern, die in USA gefangen sind, aus.
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Die Punk-Gruppe Pussy Riot in der Performance, wo sie sich Vladimir Putin widersetzen. ………………………………………….
Die Punk-Gruppe “Espina Negra” mit der Nummer ́Der Erste Anarchist ̈.
Uebersetzung: RedmycZ, Christine
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