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Palabra del Ejército Zapatista de Liberación Nacional

Abr082015

Das Unwetter, der Wachtposten und das Wächtersyndrom

1. April 2015

Das Unwetter, der Wachtposten und das Wächtersyndrom.

Liebe Freunde, Freundinnen, Feinde und Feindinnen: err..gu…es ist so dass…will sagen dass… Erinnern Sie sich, dass wir am Ende des Textes vom 19. Maerz 2015 “Ueber Ehrung und Seminar” geschrieben haben, dass die Organisation des Seminars ein totales Chaos sei? Nun gut, also wir halten, was wir verspechen: die E-Mai-Adresse, an die Sie Ihre Daten zur Einschreibung senden sollen, ist falsch, ist nicht die richtige, hat einen Fehler, etc. Die richtige E-Mail-Adresse lautet seminario.pensamientocritico15@gmail.com Ok, ok, ok, das geht auf meine Rechnung. Hochachtungsvoll, ich hoechstpersoenlich.
Das Unwetter, der Wachtposten und das Wächtersyndrom.

April 2015.
An die Compañeroas der Sexta:
An alles Interessierten

Auch wenn es nicht so aussieht, hier handelt es sich um eine Einladung… oder um eine Herausforderung?
Wenn Sie Anhänger*in der Sexta sind, wenn Sie ein freies, autonomes, alternatives, unabhängiges oder wie es sonst noch heißen möge Medium sind, wenn Sie am kritischen Denken interessiert sind, dann nehmen Sie diese Einladung zum Seminar “Kritisches Denken im Angesicht der kapitalistischen Hydra” als an Sie gerichtet an. Wenn Sie, abgesehen davon, dass Sie die Einladung annehmen, teilnehmen möchten, dann folgen Sie bitte nachstehend angeführtem link: https://enlacezapatista.ezln.org.mx/registro-al-seminario-de-reflexion-y-analisis-el-pensamiento-critico-frente-a-la-hidra-capitalista/

Wenn Sie als Vortragende, Vortragender Trans-Vortragend.. eingeladen wurden, wird ein ähnliches Schrieben wie dieses auf dem gleichen Weg bei Ihnen eintreffen. Der Unterschied besteht nur darin, dass das Einladungsschreiben an die Vortragenden eine “Geheimklausel” enthält.

Gut, die Einladung ist, wie man so schön sagen könnte die Verpackung.

Drinnen, weiter unten und links ist…

Die Herausforderung.

Ach ich weiß schon. Der klassische Beginn der zapatistischen Betrachtungen, verwirrend, anachronisch, unerhoert, lächerlich. So als ob ungewollt, so wie beiläufig, so wie ”das überlassen wir euch“, so wie ¨kümmert euch darum”, so wie ¨jetzt seid ihr dran¨. So als ob sie ein Stück eines Puzzles hinwerfen und warten würden, dass verstanden wird, dass sie nicht einen Teil der Realität beschreiben, sondern sich das komplette Bild vorstellen. So wie wenn sie das Puzzle bereits vollendet sehen würden, mit den Figuren, richtigen Farben, aber mit den Rändern der Teile sichtbar, so als ob sie zeigen möchten, dass das Ganze auf Grund seiner Teile besteht und natürlich, wichtig, dass jeder Teil seinen Sinn in seiner Beziehung zu den anderen hat.

So als ob die zapatistischen Betrachtungen aufforderten, das zu sehen was noch fehlt und nicht nur das, was es gibt, das was man sofort bemerkt.

So ähnlich, wie das, was Walter Benjamin mit dem “Angelus Novus” von Paul Klee gemacht hat. Beim Betrachten der Malerei hat Benjamin diese “beendet”: Es sieht den Engel, aber er sieht auch, was der Engel sieht, sieht, wohin er geschleudert wird wegen dessen, was er sieht, sieht die Macht, die ihn angreift, sieht die brutalen Spuren. Sieht das komplette Puzzle:

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“Es gibt ein Bild von Klee, es heißt Angelus Novus. Darauf sieht man einen Engel und es scheint, als ob er sich von etwas wegbewegen wolle, was ihn offensichtlich lähmt. Sein Blick ist fest, der Mund ist offen und die Flügel sind ausgebreitet; so stellt man sich den Engel der Geschichte vor. Sein Gesicht ist auf die Vergangenheit gerichtet. Wo wir eine Aneinanderreihung von Ereignissen sehen, sieht er nur eine Katastrophe, die eine Ruine nach der anderen erzeugt und vor seine Füße wirft. Er möchte anhalten, die Toten auferwecken und das Zerbrochene wiederherstellen, aber aus dem Paradies bläst ein Hurrikan, der sich in seinen Flügeln verfängt und so stark ist, dass er die Flügel nicht mehr schließen kann. Dieser Hurrikan stößt ihn unwiderstehlich in die Zukunft, der er den Rücken zeigt, während die Trümmer sich vor ihm bis zum Himmel erheben. Diesen Hurrikan nennen wir Fortschritt.” (X, “These über die Philosophie der Geschichte”)

Dann ist es so als ob unsere Überlegungen eine Herausforderung wären, ein Rätsel zum erraten, eine Herausforderung des Mr. Bane, ein Joker in den Händen von Guasón während er fragt: “Warum denn so ernst?”.
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GuasonGP

Wie wenn die/der Katze-Hund, Super-Hero, Super-Bösewicht Sherlock und Moriarty mit der drohenden Frage daherkämen: was schauen wir an? warum?, wohin?, woher?, wozu?

Es ist so als ob wir über die Welt nachdenken würden, ihr ungeschicktes Drehen hinterfragen, über ihre Richtung diskutieren, ihre Geschichte herausfordern, die Zweckmäßigkeit der Augenscheinlichkeit debattieren würden.
Es ist so als ob wir, nur einen Moment lang, folgendes wären…

-*-

Der Wachtposten.

Im Allgemeinen können Sie sehen, dass bei einer militärischen Einrichtung sich an deren Peripherie Posten befinden. Diese heißen “Beobachtungsposten”, “Wachposten” oder “Wachtposten”. Die Aufgabe dieser Posten besteht darin, die Umgebung und die Zugänge der Anlage zu bewachen, um zu wissen, wer oder was sich annähert oder sich bewegt oder sich in der Umgebung dieses Ortes aufhält. Gut, dieser Beobachtungsposten (in den zapatistischen Camps nennen wir sie “la posta”, keine Ahnung warum, wir sagen zum Beispiel “du hast la posta um 0000 Uhr”, “die Ablöse der la posta erfolgt um 1200″, etc.), benachrichtigt oder warnt die übrigen in der Einrichtung, und sie halten den oder die, die ohne Erlaubnis eintreten wollen auf oder zurück. Derjenige, der diesen Posten bekleidet, nennt man Wachtposten, Späher, Garde, Wächter. Außer dass er beobachtet und auf alles achtet, was passier, ist der Wächter dazu da, bei einem Angriff oder sonst welchen Vorkommnissen Alarm zu schlagen.

Wir Zapatistinnen und Zapatisten sind der Meinung, dass die theoretische Reflexion, das kritische Denken diese Arbeit des Wachtpostens hat. Wer mit dem analytischen Denken arbeitet, der hat die Schicht des Wächters auf dem Wachtposten. Ich könnte mich über die Lage dieses Postens im Ganzen weitschweifend auslassen, aber im Moment genügt es, festzustellen, dass es sich auch um einen Teil handelt, nicht mehr nicht weniger. Ich sage dass fuer jene/jener/jen (Geschlechtergleichheit nicht vergessen und die Anerkennung der Vielfalt) die vorgeben:

.- Entweder über oder außerhalb aller Dinge zu stehen, wie etwas Nicht-Dazugehoeriges, und sich hinter der “Unparteilichkeit”, der “Objektivität”, der “Neutralität” verbergen. Und sie sagen dass sie aus der A-Sepsis eines unmöglichen Laboratoriums heraus, verwirklicht in der Wissenschaft, dem Lehrstuhl, der Forschung, dem Buch, dem Blog, dem Glauben, dem Dogma, dem Leitspruch analysieren und nachdenken

.-Oder ihre Rolle als Wächter zu verwerfen und sie weisen sich die des neuen doktrinären Priesters zu. Obwohl sie nur Wächter sind, betragen sie sich so, als wären sie das befehlende Hirn welches zum Strafgericht mutiert, wann immer das nötig ist. Und von dort befehlen sie, was zu tun ist, richten und sprechen frei und verurteilen. Obwohl man ihnen zugestehen muss, dass die Tatsache, dass sich niemand um sie schert – die Realität ist eindeutig rebellisch –sie nicht von ihrem Delirium abbringt (wobei dieses nicht selten ein aethylisches ist).
Der Wächter hat mit dem fraglichen Wachtposten etwas zu tun. Aber wir werden später darauf zurückkommen, bei einem unserer Beiträge im Seminar.

Im Moment reicht es auszuführen dass, erdrückt, überfordert durch die Aufgabe der kritischen Beobachtung in einer Welt, betrügerisch nur auf den Augenblick konzentriert, bei seiner Schicht auf dem Posten des Wächters, der Bewacher verfallen kann in…

-*-

Das Wächtersyndrom.

Gut, es ist nämlich so, dass der Wachtposten seine Fähigkeit des Bewachens nach einer gewissen Zeit “erschöpft” .

Diese “Erschöpfung” (die wir Zapatistinnen und Zapatisten “das Wächtersyndrom” nennen) besteht grosso modo darin, dass die Person auf dem Wachposten nach einer gewissen Zeit eine Art von “Wahrnehmung in bucle” oder “Gleichbleibende Wahrnehmung” entwickelt. Das heißt, in seiner bewussten Wahrnehmung reproduziert er ein ums andere Mal dasselbe Bild, so als ob sich nichts verändern würde, oder als ob die Veränderungen Teil der Normalität dieses Bildes wären. Ich nehme an, das hat mit der visuellen Wahrnehmung zu tun, aber auch mit dem Wunsch, dass die Routine durch nichts gestört wird. Zum Beispiel möchte der Wächter nicht, dass eine Gefahr auftaucht und diesen Wunsch überträgt er auf das, was er bewacht. “Alles ist ok, es wird nichts Böses passieren”, sagt er sich ein ums andere Mal und das überträgt sich auf seine Beurteilung der Realität. Sein Ziel ist es, einen lakonischen Bericht seiner Wachschicht abzugeben: “keine Neuigkeiten”.

Was ich Ihnen hier erkläre, ist das Ergebnis einer empirischen Beobachtung und nicht einer wissenschaftlichen Studie. Es handelt sich um den Schluss, den wir in vielen Jahren der Bewachung, also aus eigener Erfahrung (eine begrenzte) gezogen haben. Mit dem quälenden Zweifel ob Wissenschaft oder Brauchtum und Gewohnheit, fragten wir jemand, der sehr wohl im Bereich der Neurowissenschaft beschlagen ist. Sie sagten uns, dass dieses Phänomen existiert, obwohl man den Mechanismus, der es auslöst nicht kennt (bevor mich die diversen Richtungen und Positionen der Psychologie erwürgen möchten, möchte ich klarstellen, dass das Einzige das ich feststellte war, dass das Phänomen real ist, überprüfbar). Nun aber, warum existiert es? Gut, da sehen Sie dazu, und wenn wir schon einmal beim Thema sind, es wäre gut wenn Sie sich einig wären, was das Studienobjekt der ´Wissenschaft¨ der Psychologie ist .

Nun denn, diese Person erklärte uns, was die “selektive Wahrnehmung” ist und schickte uns ein Buch von den oben Genannten (das heißt, man versteht wovon es handelt). Zusammenfassend heißt es darin, dass wir nur einen kleinen Teil dessen, was wir in einem bestimmten Augenblick sehen, wahrnehmen und den Rest übersehen wir. Nun, also der Rest, den wir missachten ist die “Blindheit gegenüber die Veränderung “ oder ¨Blindheit wegen fehlender Aufmerksamkeit”. Es ist so, als ob man durch das Filtern von Teilen des vor uns liegenden Bildes blind würde für das, was wir nicht als wichtig erachten.

Im Moment werden wir uns darüber nicht weiter auslassen aber zusammenfassend besteht das “Wächtersyndrom” aus:

a).- Es wird nicht das Ganze überwacht sondern nur ein Teil dieses Ganzen.

b).- Wenn er ¨ermüdet¨, nimmt der Wachtposten die Veränderungen, die in der bewachenden Zone auftauchen nicht wahr, denn sie fallen ihm nicht auf (das heißt, sie sind es nicht wert, beachtet zu werden).

Um dagegen anzukämpfen, greifen wir zu verschiedenen Mitteln:

Eines davon ist die nicht direkte Bewachung, die “periphaere Sichtweise” oder einfacher ausgedrückt “ schielen”. Es ist nämlich so, dass der indirekte Blick erlaubt, Veränderungen in der Routine zu entdecken. Es wird wohl auch dafür Erklärungen in den Neurowissenschaft geben, aber ich glaube, da fehlt uns das Studium.

Eine andere Art, der Ermüdung des Wachpostens entgegenzuwirken besteht darin, zwei oder mehr Wachen gleichzeitig aufzustellen, oder die Zeit des Wache Stehens zu verkürzen und öfter eine Ablöse einzubauen.

Es kann sein, dessen bin ich sicher, dass es andere Formen gibt, wie die Aufgabe des Wachpostens ausgeführt werden kann.

Aber das Wichtige ist, aufmerksam zu sein für jedwedes Zeichen von Gefahr. Es geht nicht darum, die Gefahr aufzuzeigen, wenn sie bereits eingetroffen ist, sondern die Anzeichen zu beobachten, sie zu beurteilen, zu interpretieren, zusammenfassend gesagt, sie kritisch zu überdenken.

Zum Beispiel: Dieser Wolkenberg am Horizont. Besagt er, dass ein kurzer Regenschauer kommt, wie stark wird er sein, kommt er hierher oder zieht er weiter?

Oder handelt es sich um etwas Größeres, Schrecklicheres, Zerstörerisches? Wenn es so ist, dann müssen alle Männer, Frauen und AnderRe gewarnt werden vor dem unmittelbar bevorstehenden…

Das Unwetter.

Nun denn, Tatsache ist, dass das, was wir Zapatistinnen und Zapatisten kommen sehen und hören eine große Katastrophe ist, in jeder Hinsicht, ein Unwetter.

Aber …., wir Zapatistinnen und Zapatisten sehen und hören auch, dass Menschen mit großem Wissen manchmal mit Worten, immer durch ihre Haltung ausdrücken, dass alles beim Alten bleibt.

Dass das, was uns die Realität zeigt, nur kleine Veränderungen sind, die die Landschaft nicht wesentlich verändern.

Das heißt, wir Zapatistinnen und Zapatisten sehen eine Sache und sie eine andere.

Denn wir sehen, dass weiterhin die gleichen Kampfmethoden angewendet werden. Es geht weiter mit Protestenmärschen, real oder virtuell, mit Wahlen, mit Umfragen, mit Meetings. Und als Begleiterscheinung werden die neuen Parameter des ¨Erfolgs¨ heraufgeholt, eine Art von Applausmesser, der im Falle der Märsche und Proteste umgekehrt wirkt: je wohlerzogener (das heißt, je weniger protestiert wird) um so grösser der Erfolg. Und es werden Parteiorganisationen gegründet, es werden Strategien und Taktiken geplant und mit den Konzepten werden echte Purzelbäume geschlagen

So als ob es dasselbe wäre: Staat, Regierung und Verwaltung.

So als ob der Staat derselbe wäre, so als ob er dieselben Funktionen hätte wie vor 20, 40, 100 Jahren.

So als ob das System auch dasselbe wäre und die Formen der Unterwerfung und Zerstörung auch dieselben. Oder um es in Worte der Sexta zu kleiden: Dieselben Formen der Ausbeutung, der Unterdrückung, der Diskriminierung und der Enteignung.

So als ob da oben die Macht unverändert ihr Funktionieren aufrechterhalten hätte.

So als ob der Hydra nicht ihre unzähligen Köpfe nachgewachsen wären.

Daher glauben wir, dass wir oder sie unter dem “Wächtersyndrom” leiden.

Und wir Zapatistinnen und Zapatisten schielen seitwärts auf diese Bewegungen in der Realität. Wir beobachten das sehr aufmerksam, wir steigen auf die Ceiba hinauf um weiter zu sehen, nicht um zu sehen, was geschehen ist sondern das, was auf uns zukommt.

Also, das was wir sehen verheißt nichts Gutes.

Wir sehen, dass was Schreckliches kommt, noch zerstörerischer, wenn das überhaupt möglich ist.

Aber dann sehen wir wieder, dass die, die denken und analysieren nichts darüber sagen. Sie wiederholen dasselbe von vor 20 Jahren, 40 Jahren, einem Jahrhundert.

Und wir sehen, dass Organisationen, Gruppen, Kollektive, Personen im gleichen Trott weitergehen, falsche ausschließende Optionen darlegen, das Andere, Verschiedenartige, richten und verurteilen.

Noch mehr: sie verachten uns für das was wir sagen und sehen.

Alsdann, nun, wie Sie eh wissen, sind wir Zapatist*innen. Und das bedeutet viel, so viel, dass es in ihren Wörterbüchern ihrer Sprachen keine Worte dafür gibt.

Aber das heißt auch, dass wir immer daran denken, dass wir im Irrtum sein könnten. Dass vielleicht alles ohne große Veränderungen weitergeht. Dass vielleicht der Herrscher weiterhin so herrscht wie er das seit Jahrzehnten, Jahrhunderten, Jahrtausenden getan hat. Dass es sein kann, dass das, was kommt, nichts Schlimmes ist, sondern nur eine Zerrüttung, eine Neuordnung derer, die ohne Bedeutung sind.

Alsdann, entweder nichts mit Denken, Analysieren, Theorie oder dasselbe wie immer.
Daher denken wir Zapatistinnen und Zapatisten, dass wir andere Männer Frauen und Trans befragen müssen, von anderen Kalendern, von verschiedenen Geographien, wir müssen sie fragen, was sie sehen..

Ich glaube es ist so, wie wenn man einem Kranken sagt, dass er schwer krank ist, oder wie man hier sagt “ist total beschissen”. Und alsdann, hm, wie man so schön sagt, muss man eine zweite Meinung einholen.

Dann sagen wir, dass das Denken, die Theorie fehlschlägt. Entweder die Unsere oder die der Anderen. Oder vielleicht sind beide daneben geraten.

Daher sind wir misstrauisch, wie wir das sowieso sind. Aber ein kleines bisschen vertrauen wir schon den Compañeras, Compañeros und Compañeroas der Sexta. Aber wir wissen sehr wohl, dass die Welt sehr groß ist und dass es andere Männer, Frauen und AnderRe gibt die dasselbe machen, denken, analysieren und schauen.

Daher glauben wir, dass wir die Welt überdenken muessen und auch über ihren Kalender und die Geographie jedes einzelnen nachdenken muessen.

Und wir glauben, dass es noch besser ist, wenn wir jetzt so etwas wie einen Austausch von Gedanken machen. Nicht wie man so sagt, einen Warenaustausch, wie das im Kapitalismus funktioniert, sondern wenn wir sagen würden, wir machen ein Abkommen, wo ich dir meine Gedanken mitteile und du mir die deinen. Also so etwas wie eine Versammlung von Gedanken.

Aber wir glauben nicht, dass es nur so irgendeine Versammlung ist und nichts weiter, nein, es muss was Großes sein, sehr groß, weltweit sagt man dazu.

Und ja, gut, wir Zapatistinnen und Zapatisten kennen nicht viel. Vielleicht und unter viel Anstrengung wissen wir ein wenig durch unsere Compañeroas, Compañeras und Compañeros der Sexta.

Daher wissen wir auch, dass sie diese Versammlungen der Gedanken an manchen Orten den Namen “Seminar” geben, wir glauben dass “Seminar” von “Saatbeet” kommt, das heißt, dass dort Samen gemacht werden, die manchmal schnell wachsen und manchmal lange brauchen.

Alsdann dachten wir, dass wir ein Saatbeet voller Ideen machen, mit Analysen, mit kritischem Denken darüber, wie im Moment das kapitalistische System funktioniert.

Dann gibt es das Seminar oder das Saatbeet nicht nur an einem Ort noch zu einer einzigen Zeit. Sondern es dauert fort und findet an vielen Orten statt.

Und daher sagen wir dass es ¨dislocated¨ ist, das heißt, nicht alles an einem Ort, sondern viele Teile und an vielen Orten. Und wir sagen dass es weltweit ist, gut, denn es ist so, dass es auf allen Welten kritisches Denken gibt, dass gefragt wird, was los ist, warum, was wir machen sollen, wie und alle diese Dinge, die in der Theorie gedacht werden.

Aber dann dachten wir, irgendwo beginnt es und zu einer gewissen Zeit.

Nun also, dann beginnt dieses kollektive Samenbeet an einem Ort und dieser Ort ist ein zapatistischer Caracol. Warum? Gut, weil hier wir zapatistischen Menschen die Muschel dazu verwenden um zu warnen und um das Kollektiv zu rufen.

So ist es zum Beispiel so, wenn es ein Problem in der Comunidad gibt oder eine Angelegenheit, die gelöst werden muss, nun, dann wird der Caracol geblasen und dann wissen alle im Dorf, dass es eine Versammlung des Kollektivs gibt damit die Gedanken ihre Worte sprechen können.

Oder um zu sehen, wie wir es anstellen um zu widerstehen.

So könnte man sagen, dass der Caracol eines der Instrumente des Wachtpostens ist. Mit dem er auf Gefahr hinweist.

Daher ist der Ort ein zapatistischer Caracol, der Caracol von Oventik, in den Bergen des mexikanischen Südostens, Chiapas, Mexiko.

Und das Datum des Beginnes ist der 3. Mai Warum der 3. Mai?

Nun, bei unseren Völkern ist es der Tag der Aussaat, der Fruchtbarkeit, der Ernte, des Saatgutes. Es ist der Tag des Heiligen Kreuzes.

In den Dörfern gibt es den Brauch ein Kreuz aufzustellen, wir sagen,´ein Kreuz säen´, dort wo der Fluss entspringt, oder der Bach oder die Quelle, die Lebensspender des Dorfes. Das ist das Zeichen, dass dieser Ort heilig ist. Und er ist heilig, weil das Wasser das Leben gibt. Daher ist der 3. Mai der Tag, um Wasser für die Aussaat zu erbitten und um eine gute Ernte. Die Dorfbewohner gehen dorthin, wo das Wasser entspringt, um ein Opfer darzubringen. Das heißt, es ist so als ob sie zum Wasser sprechen würden, sie geben ihm ihre Blumen, eine Tasse mit Atole, ein wenig Weihrauch, ungesalzene Hühnersuppe. In anderen Dörfern geben sie ihm ein Stamperl Schnaps, aber in den zapatistischen Dörfern ist der Alkohol verboten und so geben sie entweder ein Erfrischungsgetränk oder Wasser. Die Hühnersuppe die dem Wasser dargebracht wird ist ungesalzen, damit das Wasser nicht austrocknet. Während dieser Opferzeremonie spielt Musik und der Tanz beginnt, alle, Buben, Mädchen, Junge, Alte tanzen. Wenn die Opferzeremonie zu Ende ist, beginnt das gemeinsame Feiern der Menschen. Die Speisen, die sie mitbringen, werden geteilt: saurer Atole, Huhn, Bohnen, Kuerbis. Alle Speisen werden gemeinsam verzehrt, dort am Ursprung des Wassers. Wenn sie fertig sind, kehren sie in ihre Häuser zurück. Und dann aus reiner Freude geht der Tanz im Dorf weiter, sie essen gemeinsam und trinken Kaffee mit Brot. Es gibt auch zapatistische Compas, die Maurer sind, und auch sie feiern und sie sagen, dass sie aus irgendeinem Holzstück, das sie finden, ein Kreuz fertigen und das stellen sie auf, wenn mit dem Bau begonnen wird. Sie sagen, das ist ihre Verantwortung als Arbeiter. Das heißt, der Arbeiter macht sich so für den Bau verantwortlich und er macht die Arbeit gut, damit alles schön wird, denn es ist seine Pflicht, eine gute Arbeit zu leisten.

So nun wissen Sie es also. Sie werden ja sehen. Ob Sie die Herausforderung annehmen oder nicht, das geht auf Ihre Rechnung..

Achtung: Folgendes gilt nur für die Vortragenden. Das heißt, das steht nur in den formellen Einladungen, die an die Vortragenden gesandt werden. Erzählen Sie es nicht weiter denn es ist eine…

Geheimklausel:

All das dient dazu, damit Sie, wie man so schön sagt, den Kontext des Seminars verstehen.

Was erwarten wir von Ihnen?

Nun, dass Ihnen bewusst ist, dass Menschen von sehr weit her kommen, die ein Opfer bringen, um die Fahrt zu bezahlen, ihre Zeit opfern um zu hören, was Sie vortragen werden. Sie kommen nicht zum Vergnügen, noch weil sie irgendetwas verdienen werden. Sie kommen nicht, weil es gerade in Mode ist oder weil sie blöd sind. Sie kommen, weil sie vielleicht diese drohenden Wolken am Horizont sehen, weil Regen und Wind sie bereits peinigen, weil der Hunger zu verstehen nicht gestillt wird, weil sie spüren, dass das Unwetter näher kommt.

So wie wir Zapatistinnen und Zapatisten Sie respektieren, so bitten wir Sie, dass Sie diese Menschen ebenso respektieren sollen. Es wird schon den einen oder die andere Eingeschleuste geben, aber die meisten sind unsere Compas. Es sind Menschen, die kämpfend leben und sterben ohne dass jemand, außer wir Zapatistinnen und Zapatisten darüber Buch führen. Für sie gibt es weder Museen, noch Statuen, noch Lieder oder Gedichte, ihre Namen stehen nicht in den Metro-Waggons, sind weder Straßennamen noch Namen von Stadtvierteln. Sie sind Niemande, ganz richtig. Und nicht trotzdem, sondern genau deshalb sind sie für uns Zapatistinnen und Zapatisten alles.

Daher, seien Sie nicht beleidigt, aber bringen Sie keine Parolen, Dogmen, Glaubensbekenntnisse, wiederholen Sie nicht, was bereits Andere vorher oder anderswo gesagt haben, fördern Sie nicht das Faulpelz-Denken, versuchen Sie nicht, dogmatisches Denken aufzuzwingen, verbreiten Sie bitte nicht das lügenhafte Denken.

Wir bitten Sie, dass Sie Ihr Wort mitbringen und dass dieses das Denken anregen möge, die Überlegung, die Kritik. Wir bitten, dass Sie Ihre Aussage vorbereiten, verfeinern, dass Sie sie zum glänzen bringen. Damit ehren Sie nicht die Akademie und alles Drumherum sondern die, die Sie empfangen, sei das als ein Aufrütteln, sei es wie eine Ohrfeige oder wie ein Schrei.

Den Samen, den wir für dieses Seminar oder Saatbeet erbitten ist das was hinterfragt, provoziert, ermutigt, antreibt, weiterhin zu denken und zu analysieren. Ein Saatkorn damit andere Saatkörner hoern, dass man wachsen muss und dass sie es nach ihrer Art tun, nach ihrem Kalender und ihrer Geographie.

Ach ja, wir wissen es sehr wohl, Ihr Prestige wird nicht grösser, auch nicht Ihr Bankkonto noch wird es Ihre Berühmtheit steigern. Sie werden auch nicht sehen, ob Sie neue Fans, Zeugen, Herden gewinnen werden.

Noch mehr, den einzigen Beweis des Erfolges werden Sie nicht zu Gesicht bekommen, denn er wird darin bestehen, dass in vielen Teilen, in anderen Kalendern und unterschiedlichen Geographien andere Männer, andere Frauen und AndereRe alles herausfordern und diskutieren, debattieren, hinterfragen, kritisieren, träumen, glauben werden.

Darum bitten wir Sie. Nur das, sonst nichts.

Aus der Schulmeisterei der kleinen Schule, jetzt umgestaltet zur “Werkstatt für Protokolle, Design und Druck von Einladungen fuer Hochzeiten XX-Geburtstage, Scheidungen, Taufen, frustrierte Bildungsabschlussfeiern, Seminare und Anderes” und mit Aufschrifttafeln wie folgt “Heute keine Kredigewährung, morgen auch nicht”, “Rettungsringe auf Anfrage”, “Bringen Sie Ihr Piraten-Fernrohr, bara-bara-alles-super-mein-Lieber-was ist-looos”, “In diesem Lokal werden Kurzsichtige nicht diskriminiert”.

Der SupGaleano.
Mexiko, April 2015.

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